Mein Name ist Nobody

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Chickadee
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Mein Name ist Nobody

Beitrag von Chickadee »

Morgen nähert sich das 45jährige Jubiläum des deutschen Kinostarts von Mein Name ist Nobody. Wir haben dazu schon den deutschen und englischen Datensatz der Datenbank erweitert und wir werden morgen dazu auch ein passendes Posting bei Facebook veröffentlichen.
Abseits davon haben wir uns die letzten beiden Tage auch mal intensiver mit dem Kapitel über den Film in Roberto Curtis Buch Il mio nome è Nessuno über Tonino Valerii beschäftigt. Da der Teil in unseren Augen sehr interessant ist, haben wir uns mal die Mühe gemacht eine deutsche Übersetzung zu erstellen. Diese wollen wir euch hier nicht vorenthalten:

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9. EINER, NIEMAND, HUNDERTTAUSEND.


Für Sergio Leone hatte dieser Film den Erfolg nicht verdient. Mit seinen Einnahmen von drei Milliarden und einhundert Millionen Lire in der Saison 1970/71 setzte sich „Die rechte und die linke Hand des Teufels“ vor "Für ein paar Dollar mehr" an die Spitze der Liste der erfolgreichsten Filme in Italien zwischen 1956 und 1971. Ein Western und eine Komödie dazu: Der natürliche Weg eines Genres, das immer mehr versucht sich zu steigern und schließlich den Hang zum Spott erfährt. Enzo Barbonis Film ging diesen Weg, was damals ein neuer, einträglicher Weg für den Western zu sein schien. Tatsächlich läutete er damit dessen bevorstehendes Ende ein. Und Leone merkte das sofort. "Wenn ein Titel wie "Wenn du Sartana triffst, sag ihm, er ist ein toter Mann" vom Publikum selbst verkrüppelt wird zu "Wenn du Sartana triffst, sag ihm, er ist ein Arschloch", bedeutet das, dass der Autor das Publikum und das Genre an Glaubwürdigkeit verloren hat. Darum der Erfolg von Trinity: Es ist die Rache des Publikums".


Sergio Donati erinnert sich: "Mein Name ist Nobody wurde aus einer Idee geboren (von Leones Schwager [Fulvio Morsella, Hrsg.]), an der ich in der ersten Phase auch mitgewirkt habe. Es war, wie aus dem Titel, der sich nie geändert hat, ersichtlich ist, eine Western-Anpassung der Odyssee, in der Odysseus ein konföderierter Gefangener war, der aus einem unionistischen Lager entkommt und nach endlosen Zwischenfällen zurückkehrte um seine Farm von wegelagernden Yankees besetzt vor zu finden, die ihn und seine Penelope bedrohen. Er schlägt zurück und Ende". Die zahlreichen Verweise auf die Odyssee ("Wir setzen alles ein: Die Sirenen, die Schweine, die Zyklopen und schließlich Penelope und die Bösewichter") wurden gestrichen und das Projekt änderte seine Form und wurde "zu einem streng auf Kommerz ausgerichteten Projekt, weil Sergio Terence Hill wollte, dessen Erfolg mit Barbonis Filmen er fördern wollte und ihn damit wie einen eigenen „Sohn“ aufnehmen wollte". Am Ende gab Donati das Projekt aus der Hand und widmete sich anderen Dingen. "Das Thema änderte sich, als man es an den Charakter anpasste, ich machte andere Dingen, die noch nicht von der Trinity-Manie beeinflusst wurden, so dass Leone schließlich sagte: "Ich verstehe dich nicht, du bringst mich nicht zum Lachen.““ Leone kontaktierte schließlich Ernesto Gastaldi, der sagte: "Er kam auf mich, da ich einige erfolgreiche Western geschrieben hatte. Wir trafen uns und er fing an, von der Ankunft von drei Reitern, den Sonnenuntergang und einen Friseursalon zu erzählen... er sprach 10 Minuten lang, ohne etwas Konkretes zu sagen, sondern nur die Atmosphäre anzudeuten, dann sagte er zu mir "Ok. Bring mir in einer Woche eine Geschichte." So war es dann auch: Die Geschichte von "Mein Name ist Nobody" ist voll und ganz von mir und der Name von Fulvio Morsella, der in den Credits als Co-Autor der Idee erscheint, war nur ein Gefallen, eine Höflichkeit, die man denjenigen nicht ausschlagen kann, der einem einen lukrativen Vertrag anbietet.


Das Drehbuch verändert die ursprüngliche Konfrontation zwischen Polyphem und Odysseus, dem wilden und mächtigen, aber stumpfen Riesen und dem schwachen, aber intelligenten kleinen Mann; die Art verwandelt sich in einen Generationenkonflikt: eine Begegnung zwischen Vater und Sohn, bei der der erste - der von Henry Fonda gespielte Jack Beauregard - auch eine Inkarnation des klassischen Hollywood-Westerns ist, während der Nobody von Terence Hill sein italienisches Äquivalent darstellt, zwischen Nachfolge aber auch Verrat am "Vater". Und auch wenn Leone während des Schreibens noch nicht entscheiden konnte, ob er Nobody zu einem netten Charakter oder bösen Charakter machen wollte, mit der Verpflichtung von Terence Hill – die den Effekt hatte, dass man eine große Zahl von Comicszenen problemlos einbauen konnte, ohne das Publikum von Trinity zu verärgern - wurde Nobody "nichts anderes als ein guter Kerl, der davon träumt, den Helden seiner Kindheit zu treffen. Und als dies erfolgreich ist, unterstützt er ihn in seiner Krise und hilft ihm, seine Karriere würdevoll abzuschließen.“


Leone hatte allerdings nicht die Absicht, den Film selbst zu drehen: Die Wahl des Regisseurs war schwierig. Zuerst dachten wir an Michele Lupo, der "verworfen wurde, weil Sergio erkannte, dass er den Film nicht verstanden hätte", erklärt Gastaldi. "Ich war derjenige, der Sergio schließlich Tonino vorgeschlagen hatte, da er mit schon als Regieassistenten gearbeitet hatte, und Sergio stimmte sofort mit Begeisterung zu.“ Benito Stefanelli unterstützte die Wahl Valeriis und führte Leone in "Blutiges Blei" ins Kino “Galleria“ auf der Piazza Colonna. Valerii hatte gerade ein Projekt abgebrochen: "Ostrowsky", ein ambitioniertes Drehbuch aus den USA, das nach dem erotischen Drama "Das Mädchen Julius" und dem Thriller von "My Dear Killer" einen weiteren Kurswechsel bedeutet hätte. Geschrieben von Sergio Donati, Massimo De Rita und Luisa Montagnana, erzählt "Ostrowsky" die Geschichte eines unschuldigen Lebenslänglichen, Ostrowsky, dem der Direktor des Gefängnisses eine Vereinbarung vorschlägt: Er holt ihn aus dem Gefängnis, wenn er eine Frau für ihn tötet. Doch Ostrowsky verliebt sich in das vorgesehene Opfer. "Die interessante Seite der Geschichte", wird Valerii einige Zeit später sagen, "liegt genau in der Grausamkeit der Institution, die zuerst eine unschuldige Person verurteilt und ihr dann als Erlösung anbietet, Mord zu begehen". Der Regisseur interessierte sich für Ostrowsky dank Nello Meniconi, der bereits die Produktion von "La dolce vita" organisiert hatte. Die Idee war, Robert De Niro, der gerade in Sizilien für die Dreharbeiten zu "Der Pate 2" war, zu engagieren. "Wir fuhren nach Catania, kamen nachts an, aßen mit de Niro zu Abend und erzählten ihm die Geschichte. Aber wir wurden enttäuscht: Er mochte den Film, war aber noch für drei Jahre vertraglich gebunden, für Bertoluccis "1900" und für einen anderen amerikanischen Regisseur, an dem ich mich nicht mehr erinnere. Wenn wir warten wollten, hätte er zugestimmt, Ostrowsky zu machen. Aber, natürlich endete es dort."


Schließlich stimmt Valerii, auf Drängen von Morsella zu, "Mein Name ist Nobody" zu machen. Aber er mag die Vorstellung eines Films nicht, der nur aus Trotz gemacht wurde. "Hätte Terence Hill den italienischen Western verspottet, hätte er quasi als Strafe seine eigene Nichtigkeit erkennen müssen, daher die Relevanz des Titels "Mein Name ist Nobody". Kurz gesagt, es ging darum, eine Art Todesurteil für den Charakter des Trinity zu verhängen". Auch aus diesem Grund, um sich davon etwas zu distanzieren, will Leone den Film nicht selbst inszenieren. Anstelle eines Narren sieht Valerii Nobody jedoch als Peter Pan, "ein Kind, das sich weigert, erwachsen zu werden, und dass der Mythologie der Kindheit verbunden ist. Er ist der Erfinder einer imaginären Welt, bereit, alle Kinder mit voller Phantasie zu empfangen.“


Das Schreiben des Drehbuchs war ein langer und aufwändiger Prozess, genauso wie Leones Bräuche. "Es dauerte acht Monate, Tag für Tag, zwölf Stunden am Tag waren wir in Sergios Haus, um die am Vorabend geschriebenen Szenen durch zu gehen, die neuen zu besprechen und die Szenen, die bereits fertig waren, vom halben italienischen Kino bewerten zu lassen, das Sergio beschworen und mit dem Film wahnsinnig gemacht hat, indem er ihre Gesichter und Reaktionen auf die Geschichte ausführlich ausspionierte", erklärte Gastaldi. "Nach acht Monaten intensiver Arbeit machte ich einen wohlverdienten Urlaub in den sizilianischen Gewässern: Ich kaufte mir ein Segelboot und fuhr mit meiner Familie los. Dann klingelte das Funktelefon: Es war Sergio, der schrie, dass die in den USA ihm sagten, dass sie die erste Szene des Films, wo der falsche Barbier die Kehle von Henry Fonda durchschneiden will, dies aber nicht tun kann, weil er eine Waffe an seine Eier gedrückt bekommen hat, so nicht gedreht werden könne, da der Barbier, wenn er den Bart des Kunden rasiert um diesen herum gehen muss. Heilige Scheiße! Ich startete den Motor und eilte in einen Friseursalon nach Cefalù: Rasieren! Und er rettete mich, ohne sich seiner Bedeutung bewusst zu sein, denn ohne sich jemals von meiner rechten Seite weg zu bewegen, sondern, indem er mein Gesicht zu seinem Rasiermesser drehte, rasierte er mich. Ich ging zum nächsten Telefon und rief Sergio in Rom an, um ihm zu sagen, dass Barbiere überhaupt nicht um den Kunden herumgehen!"


Die neunwöchigen Dreharbeiten in Amerika fanden inmitten aller möglichen Schwierigkeiten statt, von der Standortwahl bis hin zu steigenden Kosten. Es wurde gedreht in Acoma Pueblo und in der Mission von San Esteban Del Rey in New Mexico (für die Szene des Navajo-Friedhofs, der neben dem echten indischen Friedhof des Dorfes nachgebildet wurde), und zwischen den Kalkdünen bei White Sands (die ersten Aufnahmen der "Horde", die in der Wüste reitet); auch der Anfang beim Barbier wurde in New Mexico gedreht, in Cabezon (welches bereits im Finale von "Der weite Ritt" von Peter Fonda zu sehen ist), während die Geisterstadt Mogollon am Fuße des Silver Creek Canyons, für die Szenen in der Hütte von Leo Gordon und für die Szenen im Salon, in dem das erste Treffen zwischen Nobody und Beauregard stattfindet, verwendet wurde. Leone blieb in Rom: Er wird später für fünf Tage nach New Orleans kommen - wo sie das letzte Duell (in der Royal Street, im French Quarter) und die letzte Szene im Hafen drehen - und für einen Tag Valerii ersetzen müssen, der an einer Ohrenentzündung litt.


Die Beziehung zu den Akteuren ist gut: Fonda ist aufgeschlossen und bittet darum, so geleitet zu werden, als wäre er ein unbekannter Schauspieler; Hill, der jeden Tag zwei Stunden Yoga vor dem Dreh macht, ist im siebten Himmel. Es entstehen allerdings Probleme mit dem Kameramann Armando Nannuzzi. Valerii erzählt uns: "Ich war zu einer Inspektion unterwegs [...], ich brauchte einen Ort, um die Szene zu drehen, in der Henry Fonda den alten Mann trifft, der sagt, dass ein Telegramm angekommen ist... dann kehrte ich zur Szene mit dem Barbier zurück [...] Henry Fonda war plötzlich sehr wütend... Fonda sagte zu mir: "Tut mir leid, Tonino, ich verstehe es nicht: Soll ich jetzt machen, was du mir sagst oder was dieser Gentleman mir sagt", und zeigte auf Nannuzzi. "Du machst wohl Witze“, sagte ich “du sollst machen, was ich sage." Und Fonda sagte: "Du hast mir gesagt, ich soll die zehn Dollar so nehmen, aber er sagt mir, ich soll es anders machen!" An diesem Punkt sagte ich: "Armando, bitte, höre damit auf, der Schauspieler hat zu tun, was der Regisseur sagt, Basta".


Aber die Beziehung zu Nannuzzi wird noch angespannter und nach einem weiteren Streit wird der Kameramann aus dem Film ausgeschlossen. Das gleiche Schicksal trifft auch den Organisator Piero Lazzari, der sich, so erinnert sich Fulvio Morsella, "ständig in die Entscheidungen von Tonino einmischte, bis sie sich stritten.“ Es ist gut möglich, dass Nannuzzi und Lazzari in Wirklichkeit ihre Anweisungen von Leone erhielten, um Valerii zu "helfen". Und in Spanien wurde die Einmischung durch den Produzenten noch direkter.


Für die Dreharbeiten auf spanischem Boden, in Almería und in Guadix (Granada) hatte Valerii einen neuen Kameramann, Giuseppe Ruzzolini, der bereits mit Leone "Todesmelodie" machte, und auch eine neue Crew; zum Beispiel Sergio Salvati, der ungenannt blieb, aber der Kameramann in der Szene des Duells im Spiegelkabinett und des Treffens zwischen Terence Hill und Jean Martin im Spielzimmer war. Während des Drehs waren viele Sets nicht rechtzeitig fertig und ein weiterer Rückschlag drohte den Produktionsprozess zu verlängern: Ein Teil der Kostüme, fast alle von Henry Fonda, waren verschwunden und die Produktion musste für neun Tage eingestellt werden. Danach waren die Kostüme wiederhergestellt, aber es gab ein weiteres Problem: Henry Fonda musste seine Szenen unbedingt innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens fertig stellen, denn danach wurde er am Set von "Die Rivalin" von Larry Peerce erwartet. Eine hohe Strafe ($250.000) für Fonda zu zahlen oder den Rest der Szenen mit dem Schauspieler nach den Dreharbeiten von Peerces Film zu verschieben waren keine Option. Zwei Lösungen blieben: "Leone kam zu mir, und in Anwesenheit von Fonda fragte er mich, "Tonino, was bevorzugst du?", fragte er, "Entweder schneide vierunddreißig Seiten Skript oder du richtest eine zweite Einheit ein''. Unter den Szenen, die es zu drehen galt, waren diejenigen mit Terence Hill im Dorf und der Trunkenheit von Nobody. Leone bot an, sich darum zu kümmern, während Valerii die Szenen mit Fonda und die Actionszenen in der Wüste bei Guadix drehen sollte. Valerii akzeptierte bereitwillig, ohne die Worte von Claudio Mancini, dem Executive Producer von Rafran, zu berücksichtigen, der ihn warnte: "Toni, das ist nicht das, was er tut, wenn er nur eine Szene dreht, dann wirst du sehen, dass er bei seiner Rückkehr nach Rom mit Sicherheit sagt, er habe den ganzen Film gemacht". Eine Hypothese. Der tatsächliche Umfang von Leones Beitrag ist in gewissem Maße unterschiedlich. Laut Christopher Frayling "ist die glaubwürdigste Hypothese, dass Leone im Duell mitgewirkt hat, sich dann um die zweite Einheit für den Kampf gekümmert hat [...] und auch die erste Szene und den Teil des Films, der während des Volksfestes spielt, geleitet hat". Die Hypothese, dass Leone bei den Szenen der "Horde" dabei war, würde mit John Landis' Äußerungen an Giulia D'Agnolo Vallan übereinstimmen: "Wir haben ein paar Wochen lang mit Hunderten von Statisten auf dem Rücken der Pferde gedreht (in Wirklichkeit sehen wir nie mehr als 60), die wahnsinnig um sich schossen. Fonda und Hill haben uns alle in Schach gehalten. Der Film wurde von Leone produziert, der diesen Kampf zu Pferd dirigierte." Marco Giusti sagt, dass einige Szenen mit Hill in Manziana vom Regieassistenten Marcello Crescenzi gedreht wurden. Eine Aussage, die von Valerii unverhohlen verneint wurde: „Crescenzi ist ein guter Produktionsleiter und ehemaliger Regieassistent – aber er hat noch nie in seinem Leben nur einen Frame gedreht, schauen Sie sich meinen Film an!“ Laut Rik Battaglia ließ Valerii in seinen Vertrag schreiben, dass Leone beim Drehen nicht anwesend sein durfte, "aber als er das Material sah und er sah es sehr früh, sagte Leone: "Der dreht es so, wie er denkt, dass ich es drehen würde, aber ich würde es nicht so drehen". Und dann nahm er den Film selbst in die Hand. Er war sehr beunruhigt. Vielleicht ließen sie ihn noch ein wenig mehr drehen, aber irgendwann sagten sie: Jetzt reicht‘s.“ Valeriis Version: "Die von Leone gedrehten Szenen sind: die Trunkenheit von Terence Hill im Salon (aber nicht die Details der Gläser, die explodieren, die habe ich gedreht; und auch die Schüsse bei der Wette, bei der Piero Lulli das Geld genommen hat, sind von mir), für die Sergio neun Tage statt der geplanten zwei braucht; der Teil auf dem Volksfest, von dem Moment an, wo Nobody dem Kind den Apfel stiehlt, bis zur Episode mit dem Kuchen und dem Schwarzen; die Szene im öffentlichen Urinal, die im Drehbuch nicht vorgesehen war, weil Terence Hill einfach den Zug stehlen sollte, während der Fahrer zum Pissen ging - eine Szene voll von Vulgarität, dass ich erstaunt war, dass sie von einem Kritiker wie Pietro Bianchi gelobt wurde, und von der ich glaube, dass man hier den Hass von Leone auf den Charakter bemerkt - und einige Details von Nobody, der, während Beauregard mit der "Horde" kämpft, die Toten als Punkte mit Kreide mitzählt, eine weitere Ergänzung von Leone, die er für eine lustige Idee hielt. Der Rest, beginnend mit der Szene beim Friseur, wurde von mir gedreht, und ich werde jeden dazu bringen, das Gegenteil zu beweisen.“ Tatsächlich sollte die Einmischung des römischen Regisseurs in das eröffnende Duell ausgeschlossen werden, da Leone nur für eine sehr begrenzte Zeit in den USA war und zwar in New Orleans, während die Sequenz des Barbiers - die in der zweiten Maihälfte 1973 gedreht wurde - in der Nähe von Rio Puerco in New Mexico spielt.


Gastaldi bestätigte dies: "Tonino hat den gesamten Film ALLEIN GEDREHT. (in Großbuchstaben, wie beim Original, Hrsg.) Sergio hatte, als die Zeit knapp wurde, eine zweite Einheit organisiert und drehte ein paar Sequenzen, die meiner Meinung nach zu den schwächsten des Films gehören: die Piss-Szene, die anormal ausgedehnt wurde, und die Wette im Salon. Sonst nichts.“ Sergio Donati intervenierte auch in dieser Sache und erinnerte sich an die Schwierigkeiten, die er bei dem Regisseur kennengelernt hatte, und an die Hintergründe der Fotos, die während der Szene des letzten Duells in New Orleans und auch in Almerìa aufgenommen wurden, wo Leone Terence Hill und Henry Fonda während einer Szene der "wilden Horde" Anweisungen zu geben scheint, während Valerii daneben steht. "Um den Regisseur, die Schauspieler und die Crew zu beruhigen, kam Leone eines Tages ans Set; dabei waren ein paar Fotografen, die von der Pressestelle geschickt wurden. Sie baten ihn sich als Regisseur zu positionieren. "Wenn Tonino es erlaubt", sagte Leone. Und Tonino zeigte sich nicht nur geehrt, sondern schlug Sergio auch vor, die nächste kleine Szene zu leiten, die für diesen Tag geplant war. So blickte Leone durch das Loch und befahl den Dreh, nur eine Aktion und die Szene wurde auf vielen Fotos verewigt; dadurch wurde sie berühmt, denn sie ging durch alle Zeitungen der Welt, so wie es die Pflicht für eine gute Pressestelle war. Ich muss sagen, dass von diesem Moment an unweigerlich alle, sowohl intern als auch extern, sagten: "Ja, eigentlich war Leone der Regisseur dieses Films und er rettete ihn vor der Katastrophe durch einen unfähigen Regisseur." Nun, ich bin sicher, Sergio hatte diesen Effekt nicht so nicht geplant. Aber es gab ihn, und dann hat er nie, nicht ein einziges Mal, eingegriffen und ausdrücklich gesagt, dass es nicht wahr sei, auch wenn der arme Tonino buchstäblich abgestürzt sei, als Profi und vor allem als Mensch. Aber so war Leone, der in der Lage war, unglaubliche Beweise für Großzügigkeit und Einfallsreichtum in fast einem Atemzug zu erbringen. Alle, die für ihn arbeiteten, liebten ihn für seine Hingabe, weil es schwierig war, etwas anderes zu tun, aber sie fanden sich auch früher oder später auf den Narben seiner Haut wieder: Clint Eastwood und Morricone und Delli Colli...''


War es dann Zufall oder Berechnung, dass die Anwesenheit von Leone am Set mehr wurde? Die Missgeschicke im Zusammenhang mit den unfertigen Sets und Kostümen liegen in der Verantwortung des Produzenten; und Frayling geht von der Möglichkeit aus, dass Leone "bewusst eine Situation geschaffen hat, in der er gezwungen war, die wichtigsten Szenen von Terence Hill selbst zu inszenieren". Dies würde mit den widersprüchlichen Gefühlen des Regisseurs von "Für eine Handvoll Dollar" gegenüber dem gleichnamigen Protagonisten seines ersten Film als Produzent kollidieren: geliebt und gehasst, gleichzeitig das Thema seines Spottes und (in der Person von Terence Hill) wahrscheinlich die Trumpfkarte an der Kasse, das geht nur mit der Gewissheit von Leones grenzenlosem Ego. Laut Italo Moscati hatte Leone im Laufe der Jahre einen Minderwertigkeitskomplex gegenüber Kollegen und Freunden entwickelt, nach dem bei den Kritikern (relativ) gescheiterten "Spiel mir das Lied vom Tod" und dem unter den Erwartungen liegenden Einnahmen von "Todesmelodie", so dass die Erwartungen des Publikums, das von ihm jedes Mal eine feinere, größere, definitivere Inszenierung als die vorherige erwartete, immer mehr auf ihn lasteten. So lockte ihn wieder die Versuchung des vorzeitigen Ruhestandes, die Idee, ein Produzent zu werden, die Melancholie, die Langeweile der Isolation in seinem Xanadu in Europa.


Mit über 3,6 Milliarden Lire an Einnahmen erreicht "Mein Name ist Nobody" den dritten Platz unter den meistgesehenen Filmen des Jahres, hinter dem Phänomen "Malizia" (fünfeinhalb Milliarden) und "Sesso Matto – Niemand ist vollkommen", und schlägt das Duo Giuliano Gemma / Bud Spencer, das von Barboni in "Auch die Engel essen Bohnen" inszeniert wurde. Trinity wurde allerdings nur teilweise geschlagen: Valeriis Film sammelt zwar mehr als das erste Kapitel, aber weniger als "Vier Fäuste für ein Halleluja". Der Film läuft auch in Frankreich und Deutschland sehr gut, während er in den USA (wo er von Universal nur in einer gekürzten Version vertrieben wird: 111 Minuten gegenüber dem Original mit 117 Minuten) ein mittlerer Flop ist. Aber der Film wird für Valerii zu einem verfluchten Kind. Auf der einen Seite ist es der größte wirtschaftliche Erfolg seiner Karriere. Andererseits verfolgt er ihn in den kommenden Jahren: Und der lange Schatten von Leone lässt viele die Regiegröße des abruzzischen Filmemachers vergessen, der als Zufall oder, noch schlimmer, als Strohmann abgetan wurde. Bis zu dem Punkt, dass einige Kritiker den ganzen Film auf Leone zurückführen und ihn nur als notwendigen Abschnitt in sein Lebenswerk eintragen, teilweise sogar mit erniedrigenden Traumata. "Variety" schreibt beispielsweise: "Wie auch immer man ihn ansieht, das ist ein Sergio-Leone-Film." Peter Bogdanovich liquidiert Valerii als "unerfahrenen Italiener", so als ob er von einem totalen Neuling sprechen würde.
Laurence Staig und Tony Williams, Autoren des bahnbrechenden "Italian Western: The Opera of Violence", schrieben: "Dass der Film weitgehend gelungen ist, ist nicht so sehr dem Regisseur Tonino Valerii zu verdanken, sondern der Rolle von Leone als Produzenten, deren Beziehung, an die zwischen Howard Hawks und Christian Nyby bei "Das Ding aus einer anderen Welt" erinnert, in der Art und Weise, dass ein großes Talent ein kleines beeinflusst. [...] Obwohl manchmal unvollkommen, zweifellos aufgrund der Regie von Valerii, ist "Mein Name ist Nobody" ein angenehmes temporäres Zwischenspiel, dass die Zeit auf die Fertigstellung von "Es war einmal in Amerika" verkürzt.“
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Maiky
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Re: Mein Name ist Nobody

Beitrag von Maiky »

⛄⛄⛄❄❄❄ ;) ;) ;)
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Lori
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Re: Mein Name ist Nobody

Beitrag von Lori »

Acoma Pueblo und die Mission sind eigentlich an einem Fleck 😍 dicht beieinander.

Mich deucht, dass die Zug Szenen und auch der Niedergang der Wilden Horde in/bei Gallup in NM gedreht wurden. Habe aber meine Quellen grad nicht parat, Barbara (sie hatte die Info wohl von T) und später auch ich versuchten leider vergeblich die genaue Stelle zu finden. Barbara hatte übrigens auch für „Nobody“ einen netten Drehortbericht auf ihrer Seite. Ich muss das daheim mal genauer untersuchen und nochmal Fotos abgleichen.

In White Sands war man für den „Nachfolger“ auch.

Danke für die Übersetzung des Kapitels, ein ganz reizendes Fundstück!
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Genesis
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Re: Mein Name ist Nobody

Beitrag von Genesis »

In der Dokumentation über den Nobody-Film auf der Nobody-DVD wird Sergio Leone in ein schlechtes Licht gerückt (Erfolge sind allein sein Verdienst und Misserfolge die Schuld der anderen). Und wenn das ansatzweise stimmen sollte, spricht es auch wirklich gegen den Maestro. Dass man einen anderen Film überbieten will ist o.k, aber einen Hass zu entwickeln, weil es jemand wagt, einen erfolgreicheren Film zu schaffen als der Maestro (und das mit einer Billig-Variante) ist nicht o.k. Und einerseits soll Leone die Trinity´s unbedingt übertreffen wollen, später aber den Film kaputt machen wollen, weil ihn jemand anderer gedreht hat - recht widersprüchlich. Und dass er dann Szenen eingebaut haben soll, die nicht vorgesehen waren und überhaupt nicht Leones Stil sind. Das mit Sam Peckinpah (Stichwort Grabstein) war auch überflüssig. Auch sollen etliche Freundschaften zerstört worden sein. Da könnte man sogar mutmassen, dass Leone bei Joe Thanks selbst das Negativ verschwinden liess, damit das die Berichterstattung dominiert und das eine passende Ausrede für einen Misserfolg sein könnte.
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cesar
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Re: Mein Name ist Nobody

Beitrag von cesar »

Diese "Doku" ist einfach nur schlecht gemacht, ich würde sie nicht so ernst nehmen.
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Genesis
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Re: Mein Name ist Nobody

Beitrag von Genesis »

Zu Nobody 2/Joe Thanks gibt´s keinen eigenen Thread, aber wegen einer nebensächlichen Frage muss ich nicht unbedingt einen neuen Thread eröffnen. Hins. der vielen verschiedenen Schnittversionen hab ich vor wenigen Jahren gesucht und irgenwo (Google-Schnittbericht, der inzwischen nicht mehr zu finden ist) ist einmal was gestanden, dass man auch einmal sieht, wie Bill das gestohlene Kirchengut direkt aus der Kirche holt. Diesbezüglich hab ich auf you-tube bei den internationalen Versionen nichts gefunden (nur wo Bill auf der Flucht ist - 1. Einstellung, wo man ihn sieht). Also stimmt´s wahrscheinlich nicht, oder jemand hat sich falsch ausgedrückt oder ich hab´s falsch verstanden. Weiss jemand näheres?

Mit "My Name is Nobody" kann man Joe Thanks natürlich nicht vergleichen. In einem Punkt gefällt er mir allerdings doch besser als der Vorgänger. Im 1. Teil gibt´s auch ein paar langatmige Szenen (z.B. mit Henry Fonda ohne Terence) während bei Joe Thanks ein Gag den nächsten jagd. Natürlich ist die Geschichte etwas wirr, wenn man den Film zum 1.mal sieht, aber er hat auch seine Momente.
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Chickadee
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Re: Mein Name ist Nobody

Beitrag von Chickadee »

Gestern ist uns beim Anschauen der tschechischen DVD von Mein Name ist Nobody aufgefallen, dass diese im Bonusmaterial ein alternatives Ende des Films hat. In diesem benutzt Nobody in der Endszene einen Revolver statt eines Fingers um den Barbier zu bändigen. Kurioserweise wurde hierfür genau die Einstellung verwendet wie am Anfang des Film bei Jack Beauregard. Da die Szene ja in einem Standbild endet über das der Abspann läuft und dieser englische Credits beinhaltet, haben wir uns mal unsere internationalen Fassungen des Film angeschaut, aber alle benutzen das normale Ende. Wir haben den Ursprung der alternativen Fassung nicht herausgefunden. Wir haben allerdings festgestellt, dass die Schlussszene durchaus Unterschiede enthält, dann mal setzt die Abspannmusik mit dem Ansetzen der Klinge des Barbiers ein und manchmal deutlich später. Wir haben alle drei Varianten mal hintereinander geschnitten und als Video hochgeladen:

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cesar
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Re: Mein Name ist Nobody

Beitrag von cesar »

Vielleicht moralisch / sittliche Gründe der Zensurbehörde? Es ist ja, wenn ein Mann einem anderen Mann den Finger in den :D steckt, vielleicht für den einen oder anderen Zensur-Moralapostel nicht so vertretbar, als wie mit dem Colt. Danke jedenfalls für dieses Fundstück!
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