Baldwin Dakile

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CharlieFirpo
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Baldwin Dakile

Beitrag von CharlieFirpo »

So wie es aussieht ist der gute Bodo leider kein Anwalt in Südafrika. In diesen Tagen ist in Italien ein Buch von Neri Parenti erschienen, der seinerzeit Regiesassistent bei "Plattfuß in Afrika" war. Es ist ein Buch über Weihnachten und eine seiner Geschichten über das Fest der Liebe handelt auch von unserem Bodo und hat leider kein Happy End. Anstatt es zusammen zu fassen, hier das entsprechende Kapitel in einer deutschen Übersetzung:
Neri Parenti hat geschrieben: "Due Palle.. di Natale" (dt.: Zwei Weihnachtskugeln) von Neri Parenti
Seite 114/115

Aber das Erlebnis, das ich mit jungen Schauspielern nie vergessen werde, liegt noch weiter zurück: Wir drehten in Südafrika, ich war der junge Regieassistent von "Plattfuß in Afrika". Ich wurde losgeschickt, um einen schwarzen Schauspieler zu suchen, der nicht älter als fünf ist. Damals herrschte die verabscheuungswürdige Apartheid und es war nicht leicht für ein Kind in diesem Alter, aus Soweto herauszukommen.

Also musste ich mit entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen Soweto betreten, denn für eine weiße Person war es nicht wirklich sicher, dort herumzulaufen. Auch die Sprache war ein Problem: Die Kinder sprachen nur Suaheli. Ich bewegte mich ängstlich, weil ich befürchtete, eine Reise umsonst gemacht zu haben, aber ein Wunder geschah. Ich traf ein Kind, sein Name war Baldwin und er war unglaublich talentiert. Er schien zum Schauspielen geboren. Und seine Mutter sprach perfektes Englisch.

Ich war begeistert. Ich erzählte dem Produktionsbüro in Rom von meiner Entdeckung. Die Crew würde bald eintreffen, aber angesichts der gewalttätigen Situation in der Gegend wurde mir geraten, das Kind in ein Hotel in Johannesburg zu bringen. Farbige Menschen waren endlosen Verboten unterworfen, aber seltsamerweise durften sie in Hotels wohnen, solange sie fünf Sterne hatten. Dieses Zusammenleben war sehr nützlich, um dem Kind die Geschichte zu erklären, mit Hilfe seiner Mutter.

Baldwin konnte in dem Film sehr gut auf Italienisch spielen. Ich wiederhole mich, ein geborener Schauspieler.

Während der Dreharbeiten zum Film sollte er mit der gesamten Crew nach Italien kommen. Eine Pause über Weihnachten. Aufgrund einer langen Flugverspätung kamen wir am Morgen des Heiligen Abends in Rom an.

Am Flughafen warteten die Verwandten der Besatzungsmitglieder, um ihre Lieben zu begrüßen. Ich war der einzige, der niemanden hatte, der auf ihn wartete. Ich wollte sofort weiter nach Florenz fahren, wo meine Familie lebte.

An einer Stelle sah ich Baldwin und seine Mutter neben einem Fahrer gehen, der ein Schild mit der Aufschrift "Dakile", ihrem Nachnamen, hielt. Mutter und Sohn sollten Heiligabend, den ersten Weihnachtsfeiertag und den zweiten Weihnachtsfeiertag allein in Rom verbringen. Sie sahen mich an, als würden sie zum Galgen gehen. Die Entscheidung war im Handumdrehen getroffen. Ich schickte den Fahrer weg und lud sie in mein Auto. Ich beschloss sie mit nach Florenz zu nehmen. Ich sagte meiner Mutter, sie solle Baldwin ein paar Weihnachtsgeschenke kaufen und ein Zimmer für ihn herrichten. Ich hatte damals viele kleine Neffen, und die Tradition war, dass man abends die Geschenke unter den Weihnachtsbaum legt. Und alle Kinder rannten dann hin, um sie auszupacken.

Baldwin war in diesem Jahr dabei, und ich werde nie sein Lächeln vergessen, als er zusammen mit etwa zehn anderen Kindern seine Geschenke öffnete.

Es wäre schön, wenn diese Geschichte hier zu Ende sein würde. Stattdessen, vielleicht auch wegen jenes Abends, den er in einer Familie verbrachte, in der keine Unterscheidungen aufgrund der Hautfarbe gemacht wurden, wurde sich Baldwin als Erwachsener bewusst, wie ungerecht seine Welt war und führte eine Jugendrevolte in seinem Land an. Er wurde getötet. Als ich den Brief seiner Mutter las, in dem sie mir die traurige Nachricht mitteilte, wurde ich an sein Lächeln erinnert, als er vor vielen Jahren seine Geschenke auspackte. Und ich dachte, dass sie keinen Mann getötet hatten. Sie hatten einen kleinen Jungen getötet, der auf Weihnachten wartete.
Wir sind geneigt ihm zu glauben, denn warum sollte sich das jemand ausdenken? Und es erklärt warum der Mann vom Erdboden verschwunden ist. :(
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TheDutchman
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Re: Baldwin Dakile

Beitrag von TheDutchman »

Da bleibt mir die Luft weg. Endlos traurig so einen rührenden Text zu lesen, so einen tollen Text - und dann dieser letzte Absatz... unglaublich das es so enden musste
"Banditen gibt es viel auf dieser Welt,
drum' schnapp ich sie für wenig Geld.
Bin auserwählt - hab competenza,
und Vorsehung heißt Provvidenza!"
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Django Spencer
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Re: Baldwin Dakile

Beitrag von Django Spencer »

Mensch, bin ich gerade sprachlos, dass hier zu lesen...
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cesar
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Re: Baldwin Dakile

Beitrag von cesar »

Sehr traurig.

Ich würde jetzt aber dennoch nicht in der DB überall die Aussage von Bud, dass aus Dakile ein Anwalt wurde, rausnehmen. Ich würde beide Aussagen aneinander stellen. Bud sagte, Quelle, dass aus ihm ein erfolgreicher Anwalt geworden ist, Nino Parenti berichtet in seiner Biografie von seinem tragischen Tod bei einer Jugendrevolte... Beide Aussagen sind ja für sich interessant. Vielleicht war es Dakiles Traum als Jugendlicher, ein Anwalt zu werden, um das Unrecht gegen Schwarze zu bekämpfen. Oder er sah sich im symbolischen Sinne als "Anwalt" der Menschen und Bud wollte ihn mit der Aussage ehren... Wir wissen es natürlich nicht.

Zum Text an sich: Statt Enkelkinder heißt es vielleicht übersetzt Neffen? Denn wenn er so ein junger Regie-Assistent war...
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CharlieFirpo
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Re: Baldwin Dakile

Beitrag von CharlieFirpo »

Wir haben nicht vor Buds Aussage zu entfernen, auch wenn wir schon lange nicht mehr an sie geglaubt haben. In der Fehlerliste zu seinem letzten Buch hatten wir diese Aussage auch schon als fragwürdig mit aufgeführt. Ich vermute Bud hat sich da geirrt oder irgendwas durcheinander gebracht. In "Buds Best" bezeichnet er ja auch Daygolo als Bodo. Dennoch hast Du natürlich Recht damit, dass man beide Aussagen nebeneinander stellen muss, auch wenn ich vom Gefühl her leider glaube, dass Parenti Recht habe.

Im Original heißt es "Ai tempi avevo molti nipoti piccoli" und da wirst Du natürlich Recht haben, hier wird er Neffen gemeint haben und keine Enkelkinder. Dass die dafür aber auch keine zwei verschiedene Wörter haben...
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DaddlerTheDalek
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Re: Baldwin Dakile

Beitrag von DaddlerTheDalek »

Was Baldwin Dakile passiert ist schlicht und ergreifend Tragisch. Unfassbar...
Der Weltraum...
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Maiky
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Re: Baldwin Dakile

Beitrag von Maiky »

So traurig wie es ist, am Ende bleibt es doch aber auch eine von vielen erbärmlichen Machenschaften in der Film- und Fernsehwelt. Da werden Menschen losgeschickt, um einen Jungen aus den Townships zu pflücken, der mit ein paar Geschenken auch relativ leicht zu ködern ist und plötzlich von der großen weiten Welt träumen darf und davon, seinem Elend womöglich entfliehen zu können. Er darf mit dem großen Bud Spencer zusammen spielen. Einem "Typ", mit dem Leute Millionen Taler durch maßlos erfolgreiche Filme generieren und ein "Typ", der selber zu Lebzeiten nie vollends nachvollziehen konnte, weshalb die Menschen seinetwegen überhaupt in Scharen in die Kinos rennen. Von dieser unfassbar bunten, reichen Welt darf der kleine "Negerjunge" nun ausgiebig kosten. Schöpft selbstverständlich große Hoffnungen und beginnt womöglich sogar noch größer zu träumen. Ohne auch nur zu ahnen, dass er - wie der Affe bei Clint Eastwood - selber nur ein Spielzeug ist, das nach Belieben ausbeuterisch benutzt wird. Und plötzlich heißt es von den Verantwortlichen "Danke, Cut! Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan." bzw. "Danke, mein Kleiner, hier hast du noch ein Stück Schokolade vom Onkel, aber jetzt geh mal wieder schön zurück in deine Blechhütte spielen." 

Für einen Bud Spencer und allesamt, die von ihm leben, geht das Leben einfach zumindest gewissermaßen "seelenruhig" weiter. Und man kann sein Glück und die Wahnsinnserfolge der Filme überhaupt nicht fassen. Für "das lustige Äffchen" hingegen aber bleibt nur die Perspektivlosigkeit und endlose Wut, die schlussendlich nur noch in Hass als einzigen "Ausweg" umzuschlagen weiß. Das ginge mir tatsächlich auch so, denke ich. Und trotzdem, tun wir "Fans" was dagegen? Schauen und konsumieren wir bestimmte Produktionen deshalb weniger? Oder gar nicht? Oder zumindest gar nicht mehr? Jetzt wo bestimmte "Details" sogar ein Gesicht haben ... Keine Ahnung :!:
"Das Leben & Denken im Konjunktiv führt ins Unglück." ~ Jean Reno & irgendwie so 8-)
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Spirito_Santo
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Re: Baldwin Dakile

Beitrag von Spirito_Santo »

Danke für den Bericht. Sehr interessant! Traurig, wie wohl die gesamte Geschichte Südafrikas, meines Geburtslandes. Zuerst zweifelte ich - das ist nunmal meine Natur und außerdem erzählen viele Filmschaffende etwas seltsame und nicht immer richtige Geschichten - siehe auch Bud. Ich habe ein wenig die Daten abgeglichen, ob die Geschichte so stimmen kann. Soweto klang für mich doch ein wenig verwegen. Diese Aktion nur 2 Jahre nach dem Aufstand von Soweto. Ich wäre da nicht reingegangen, hätte mich nicht getraut. Die Weißen sind dort in den Townships verständlicherweise nicht sehr beliebt. Gewisse Zweifel habe ich jedenfalls. Dass er verstarb kann ich mir gut vorstellen. Dass er Anwalt wurde kann man ja in Zeiten wie diesen ausschließen. Er müsste ja ca. in meinem Alter sein, also definitiv noch aktiv und in heutigen Zeiten nicht im Internet zu finden wäre seltsam. Anwälte wollen ja nicht gerade anonym bleiben, schon garnicht angeblich erfolgreiche. Bud muss aber auch keinen Blödsinn erzählt haben, weil es ihm ja unter Umständen so zugetragen wurde!? Und man hätte wohl auch irgendetwas von einer seiner Verhandlungen gelesen... von wegen ehemaliger Kinderstar...
Apartheid ging bis 1994. Deswegen gehe ich einmal davon aus, dass er vorher starb. So wurde er maximal 22 Jahre alt, was auch zur Geschichte passen würde.
Der Autor heißt aber Neri Parenti, nicht Nino. Aber den könnte man ja mal kontaktieren um ein wenig darüber zu erfahren. Bodos Mutter könnte noch gut leben! Und er weiß wohl wo sie wohnt etc. Die Geschichte würde mich schon interessieren, auch biografische Daten etc.
...um zu glauben was wir lesen, wär ein Aug' genug gewesen.
...mit dem einen Maule schon, schwätzt zuviel der Erdensohn.
...hätt' er aber Mäuler zwei, löge er sogar beim Fressen!

Es gibt nur eines was wichtig ist: daß man sterben muß!
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CharlieFirpo
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Re: Baldwin Dakile

Beitrag von CharlieFirpo »

Neri Parenti stimmt natürlich. Das weiß ich natürlich auch und hatte es in der Einleitung ja auch richtig geschrieben. Später wurde dann irgendwie Nino daraus. Klarer Fall von zu viel "Don Matteo" geschaut. ;-) Ich habe es jetzt oben überall korrigiert.

Wie oben schon geschrieben habe, neige ich dazu dem Parenti zu glauben. So etwas denkt sich ja keiner aus und die Geschichte ist ja auch schlüssig. Und auch ich glaube, dass Bud deswegen keinen Unsinn erzählt haben muss. Es kann ihm falsch zugetragen worden sein, oder vielleicht hatte Dakile ja auch den Plan Anwalt zu werden und Bud ging einfach davon aus, dass er den umgesetzt hat. Da ist vieles möglich.

Maikys Kritik am Filmgeschäft ist natürlich auch berechtigt und die Geschichte ist sicher ein guter Anlass, sich diesen Aspekt mal etwas mehr ins Bewusstsein zu führen, was ich bisher auch nie getan habe. Es war mir aber auch bisher nicht klar, dass sie den Bodo da aus einem Township geholt hatten. Aber auch die Medaille hat natürlich zwei Seiten, denn für Bodo war dieser Ausflug ins Filmgeschäft natürlich auch eine große Chance und es weiß ja keiner, wie es später dazu kam, dass er wieder nach Südafrika zurück ging. Es kann auch sein, dass er selbst oder seine Mutter wieder zurück wollten. Und es war ja auch nicht so, dass sie ihn gleich nach den Dreharbeiten wieder zurück schickten. Er war ja im vierten Plattfuß noch dabei und hat danach noch für die Lisa-Film einen dritten Film gedreht. Ob da in diesem Fall nun eine so pauschale Verurteilung angebracht ist, weiß ich daher nicht, aber die grundsätzliche Kritik kann ich nachvollziehen. Im Grunde machen die TV-Anstalten es heute ja noch genauso, nur werden heute irgendwelche Hartz 4-Empfänger mit den Aussicht auf etwas Geld in zweifelhafte TV-Formate gezerrt, wo sie dann etwas bescheuert in Szene gesetzt werden, damit das Publikum sich schön auf deren Kosten amüsieren kann.

Weniger nachvollziehbar bzw. spekulativ finde ich allerdings deine Schlussfolgerung, denn ob bei Bodo nun Perspektivlosigkeit in Wut und Hass umgeschlagen ist, weiß ja nun niemand. Klar, er hat offenbar diese Revolte angeführt, aber niemand weiß ja wie es genau dazu kam und ob Wut oder gar Hass da mit im Spiel war. Und es weiß auch niemand, ob es anders gekommen wäre, wenn er die Erfahrungen beim Film nicht gemacht hätte. Vielleicht wäre er dann sogar noch früher in seinem Township unter die Räder gekommen.

In jedem Fall ist eine sehr traurige Geschichte.

Parenti kontaktieren könnte man sicherlich versuchen. Aber ob er wirklich viel mehr weiß? Wenn er den Brief der Mutter noch hat, ließen sich sicher einige Dinge noch herleiten, vielleicht sogar die Lebensdaten von Bodo.
Sim1977
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Re: Baldwin Dakile

Beitrag von Sim1977 »

Naja, falsch zugetragen kann ja nicht sein. Denn Bud hat immer selbst behauptet, dass ihn Dakile "vor ein paar Jahren" in seinem Büro besucht hat und er Anwalt geworden ist. Ich habe ihm diese Sache aber nie richtig abgenommen. Er hat ja leider des öfteren irgendwelche Sachen erzählt, die nachweislich nicht richtig waren.
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